Unsere wichtigsten Zielgruppen beim Erhalt der Dialekte in Bayern sind die Kinder im Kindergarten, deren Eltern und das Kindergartenpersonal. Im gesamten vorschulischen Bereich liegt der Schlüssel für die Weitergabe der Dialekte als Muttersprache, da nach dem 10. Lebensjahr eine Sprache nicht mehr authentisch und akzentfrei erlernt werden kann. Wenn nur einer Kindergartengeneration die Muttersprache vorenthalten oder ausgetrieben wird, dann geht - anders als im Naturschutz, wo man Fehler wiedergutmachen kann (z.B. durch Biotope) - ein tausend Jahre altes Kulturgut unwiederbringlich verloren!
Seit dem Jahr 2006 gibt es für Bayerns Kindergärten einen Bildungs- und Erziehungsplan, BEP. Demnach müssen die Kindergärten ein sprachliches Konzept erstellen.
Für den Kindergarften St. Nikolaus in Rattenberg haben wir entsprechende Richtlinien ausarbeiten dürfen:
Im Kindergarten St. Marienheim in Denkendorf konnten wir durch eine Vortragsveranstaltung sowohl die Eltern der einheimischen als auch der aus anderen Bundesländern zugezogenen Kinder vom Wert des Dialekts als beste Grundlage für die Mehrsprachigkeit überzeugen.
Bereits nach einem Jahr hatten die "Zuagroasdn" von den Denkendorfer Kindern den Dialekt förmlich aufgesaugt und konnten in Hauptrollen eines dialektalen Singspiels glänzen.
Durch das außergewöhnliche Engagements der Leiterin des Kindergartens, Frau Martina Riedl, konnten auf diese Weise ein Jahr später auch 13 Kinder mit Migrationshintergrund durch das Mittelbairische integriert werden.
Nach fünf Jahren und mittlerweile einem Anteil von 50 Prozent Kindern aus anderen Ländern und Bundesländern, bescheinigt auch die Leitung der Grundschule diesen "mittelbairisch-sozialisierten" Kindern eine hervorragende standardsprachliche Entwicklung und Sozialkompetenz:
Integration und mundartlicher Spracherwerb geglückt - ohne Frontalunterricht!
Als auf dieses Pilotprojekt in einem Interview im Münchner Merkur hingewiesen wurde, wetterte eine norddeutsche Leserbrief-Schreiberin aus dem oberbayerischen Peiting gegen "diese falsche bairische Grammatik", mit der man Vorschulkinder nicht in Berührung bringen sollte.
Sie löste dadurch eine Lawine von 56 Leserbriefen aus. Ausnahmslos alle Zuschriften gaben Kontra und sprachen sich für den Dialektgebrauch im Kindergarten aus!